"Big In Japan" - klein im Volkspark
"Back to the 80s" - 7500 Fans in der O2 World wagten die Zeitreise
Fünfzehn Minuten Ruhm für jeden prophezeite einst der amerikanische Künstler Andy Warhol. Bei Nik Kershaw, ABC, Alphaville, Level 42 und Spandau-Ballet-Sänger Tony Hadley ist diese Viertelstunde längst verstrichen. Ihre Musik dominierte die Charts in den Achtzigern. Jetzt bekamen die fünf in der Hamburger O2 World allerdings noch mal je 30 Minuten Nachspielzeit. "Back to the 80s" lautete der Titel der Veranstaltung, bei der sie ihre Hits von vorgestern präsentieren und Keyboards, Synthesizer und Saxofon lautstark zurückschlugen.
Eröffnet wurde der Abend von Alster-Radio-Moderator Sven Flohr, der ihn als die "ultimative Achtzigerjahre-Party" anpries und die Zeitmaschine erst mal auf das Jahr 1984 programmierte. Damals, als der erste Macintosh Computer auf den Markt kam, wurde der Engländer Nik Kershaw dank seines Hits "Wouldn't It Be Good" über Nacht berühmt. Und Kershaw bringt noch mehr alte Bekannte mit: "The Riddle" und "I Won't Let The Sun Go Down On Me" zum Beispiel. Nur sieht er dabei irgendwie nicht aus, als hätte er das alles hier vermisst. Vielleicht liegt es daran, dass er sich mit so wenig begnügt. Die schlichte Bühne sieht in gelbem Licht langweilig aus und so wirkt Kershaws Auftritt ungerechterweise etwas verschenkt.
In den Umbaupausen zwischen den Künstlern geht die Beschallung mit Achtzigerjahre-Hits schonungslos weiter. Depeche Mode, Madonna, Nena. Genau so muss es auf einer Ü30-Party in der tiefsten Provinz zugehen. Sven Flohr versucht krampfhaft, das Publikum zum Tanzen und Klatschen zu animieren und spricht immer wieder von 25 000 Besuchern. Dabei passen nicht mal halb so viele in die O2 World und gekommen sind ohnehin nur 7500.
Danach geht es noch tiefer in die Vergangenheit. 1982, als Nicole den Grand Prix gewann und Helmut Kohl Bundeskanzler wurde, hatten ABC mit "The Look Of Love" ihren größten Hit. Sänger Martin Frey tänzelt über die Bühne und so langsam löst sich der rechte Fuß vom entsprechenden Kontrollzentrum im Gehirn und beginnt autark mitzuwippen. Viele Menschen hassen die die Achtziger mit Leidenschaft. Und wenngleich der heutige Abend auf den ersten Blick ein bisschen wie eine Resterampe wirkt, hat jede der auftretenden Bands Songs, die noch heute, rund 30 Jahre später, unvergessen sind.
Das gilt auch für Alphaville, die deutsche Synthie-Pop-Gruppe um Sänger Marian Gold. "Big In Japan" bekommt an diesem Abend ein düsteres Industrial-Intro, "Forever Young" dagegen ist und bleibt kitschig, auch wenn der Titel so etwas wie das heimliche Motto des Abends ist. Egal wohin man schaut, in den Gesichtern der Menschen erblickt man ein Lächeln. Und auch Gold strahlt: "All diese tollen Bands, ich kanns gar nicht glauben", ruft er mitten im Song.
Gegen so viel Euphorie kommen Level 42 anschließend nicht an. Sänger Mark King schlägt den Bass zwar so funky wie eh und je, aber weil der Sound mittlerweile viel zu laut aufgedreht ist, scheppert es nur so aus den Boxen. Außerdem sind fünf Bands ganz offensichtlich ganz einfach zu viel für einen Abend, die O2 World wird leerer und leerer.
Als schließlich Tony Hadley, Sänger der britischen Band Spandau Ballet, die Bühne betritt, herrscht im Innenraum schon gähnende Leere. Hadley gibt sich zunächst betont modern und covert "Somebody Told Me" von The Killers. Es folgen Spandau-Ballet-Klassiker wie "True" und "Gold". Schön pathetisch. Doch die Aufmerksamkeitsspanne des Publikums ist längst erschöpft und so reißt Hadley auch mit "Somebody To Love" von Queen niemanden mehr vom Hocker. In drei Wochen sei ja Weihnachten, man könne uns also nicht ohne Weihnachtssong gehen lassen, findet Hadley am Ende, und so kommen zum Finale noch mal alle fünf Bands auf die Bühne und singen "Santa Clause Is Coming To Town". Kunstschnee rieselt von der Hallendecke und die "ultimative Party" ist vorbei.
Jetzt aber sputen und schnell mit der Zeitmaschine zurück ins Hier und Jetzt, bevor wir für immer in den Achtzigern bleiben müssen. Den Rest des Lebens mit Dauerwelle und Föhnfrisur, Puffärmeln und Ballonhosen herumzulaufen, das muss schließlich nicht sein.(www.welt.de)
Vier Stunden in der Pop-Vergangenheit
03. Dezember 2011 | 00:05 Uhr | Von A. Bösch
Hamburg.
Am Ende singen ABC-Frontmann Martin Fry und Marian Gold mit einem Dutzend Backgroundmusiker "Santa Claus is coming to town". Alphaville-Sänger Gold, optisch eine bärtige Kreuzung aus Lothar Matthäus und George Michael, verrät, dass er an Weihnachten mit seinen sechs Kindern zu Hause feiern und sich an einer Gans versuchen wird.
Zu diesem Zeitpunkt haben die 8000 Zuschauer in der Hamburger O2 World unter dem Motto "Zurück in die 80er" bereits ein vierstündiges Musikpaket mit Hits der ewigen Radio-Bestenliste hinter sich. Einige Überraschungen inklusive.
Wer etwa das einstige Teen idol Nik Kershaw bei seinem Karrierestart 1984 vor dem geistigen Auge hat und jetzt den kleinen ergrauten Mann sieht, der Gassenhauer wie "The Riddle" und "Wouldn’t it be good" singt, ist ein wenig verwundert.
Doch die Zuschauer sind schnell versöhnt, denn an diesem Abend werden alle alten Hits präsentiert. Auch die ehemaligen Pop-Dandys von ABC besingen ihren "Look of love". Ein Comeback wie es Alphaville in diesem Jahr schafften, war den einstigen New Wave-Heroen nicht vergönnt. Alphaville, angeführt von Marian Gold, dürfen daher nicht nur ihre vielgecoverten Welthits "Big in Japan" und "Forever young" trällern, sondern auch das neue "I’d die for you today".
Level 42, mit dem immer noch beeindruckend schnellen Mark King am Bass, erteilen "Lessons in love", dann darf Spandau Ballett-Sänger Tony Hadley ran, allerdings ohne seine Bandkollegen. Mit erfreulich wenig Schwund in der Stimme schmachtet der Brite Klassiker wie "True" und "Gold" und sogar Cover von Queen und den Killers. Vier Stunden dauert die Nostalgieparade, dann sind die 80er für diesen Abend vorbei. (www.shz.de)
Konzert in der O2 World
Back to the 80s: Die Rotzkanne heißt Saxofon!
01.12.2011, 23:39 Uhr Tino Lange
Alles schön gestrig mit Nik Kershaw, ABC, Alphaville, Level 42 und Tony Hadley in der Hamburger O2 World. Ein vorhersehbares Konzept.
Hamburg.
Ach, die 80er-Jahre, irgendwie kommen sie immer wieder zurück. Wen hatten wir dieses Jahr schon? Roxette, Cyndi Lauper, Erasure, nicht zu vergessen die Pet Shop Boys im Vorprogramm von Robbie Williams. Und die haben ihre Sache schon gut, im Fall von Cyndi Lauper sogar sehr gut gemacht. Fehlt also nur noch die Resterampe mit einer Rutsche weiterer Altstars am Donnerstag in der Hamburger O2 World.
Level 42, Ex-Spandau-Ballet-Sänger Tony Hadley und ABC waren an gleicher Stelle schon vor sieben Jahren zu Gast, dieses Mal sind aber nicht – weia! - Samantha Fox, Snap und Paul Young mit im Schlepptau, sondern Nik Kershaw und Alphaville. Das Konzept aber bleibt vorhersehbar. In schöner Reihenfolge bekommt jeder seine 30 Minuten verblichenen Ruhm und damit genug Zeit für Wiedererkennungswerte durch... Hits. Hits. Hits. Eben diese, die man schon seit Stunden nicht mehr auf den üblichen verdächtigen Hamburger Radiofrequenzen gehört hat.
7000 Besucher versammeln sich vor der für 2 Euro bei Ebay (Sofortkauf) ergatterten Bühne, auf der Alster-Radio-Moderator Sven Flohr beliebt zu scherzen. Nik Kershaw gräbt "Wouldn't It Be Good" und "The Riddle" aus, und Martin Fry wäre bei "The Look Of Love" lieber Tom Jones als der Sänger von ABC. Alster-Radio-Sven erinnert an verschüttete 80er-Traumata (Kohl Kanzler, HSV Meister), und der Beleuchter entdeckt bei Alphavilles " Big In Japan" und "Forever Young" neue Farben: rot, blau, huiii!
Irgendwie schreit der Abend nach Ü30-Party im Sachsenwald-Forum Reinbek, einem Ort, wo alles nach 1993 veröffentlichte der Feind ist. Trotzdem kann man sich dort wie auch in der O2 World drei Stunden (exklusive Pausen) prächtig amüsieren. Alles so schön gestrig. Hier heißt die Rotzkanne noch Saxofon. Mark King von Level 42 spielt bei "Running In The Family" und "Lessons In Love" immer noch Bass wie ein Irrer, und zum Finale covert Tony Hadley vor sich lichtenden Reihen die Killers ("Somebody Told Me"), Queen ("Somebody To Love") und seine Kollegen von Spandau Ballet ("True", "Gold").
Am Ende kommt die ganze Bandbaggage im Kunstschnee für "Santa Claus Is Coming To Town" zurück. Nichts wird ausgelassen. Eigentlich fehlen auf den beiden Video-Leinwänden nur noch eingeblendete Konsonantenpromis, die wie in den zahlreichen TV-Chartshows noch heiter-gehässige Kommentare zu den jeweiligen Künstlern abgeben. Nun, die gibt es in der O2 World nicht. Aber wir sind ja auch noch da. (www.abendblatt.de)